Wer war Bertha Wolf

Bertha Wolf kam am 14. November 1879 als jüngstes Kind einer Husener Familie zur Welt. Neben ihren sechs Geschwistern bestand die jüdische Familie aus den Eltern Heymann und Rebbeka (genannt Rika) Wolf. Heymann war Metzger in Husen.

Abgesehen von Bertha und ihrem Bruder Sally verließen mit der Zeit alle Verwandten Husen. Sally führte bis zu seinem Tode im Jahr 1916 eine Polsterei im Ort und auch Bertha eröffnete ein Geschäft. 1905 kaufte sie ein Fachwerkhaus in der Wilhelmstraße 54 (seit 1928 Husener Straße 85) und eröffnete einen „Manufakturwarenhandel“, heute würden wir es als „Stoffgeschäft“ bezeichnen. Zwei Jahre später errichtete sie einen Anbau an das Wohnhaus, in dem sie ihr Ladenlokal betrieb. Auch Berthas Mutter Rika zog in das Wohnhaus. Bertha selbst heiratete nie, betrieb ihr Geschäft in Husen und kümmerte sich um ihre Mutter.

Die (aufstrebenden) Dortmunder Nationalsozialist:innen ließen die Jüdinnen und Juden zunächst einigermaßen unbehelligt. Dies änderte sich ab dem 30. Januar 1933. Die Nazis übernahmen die Macht in der Stadt und überzogen ihre Gegnerinnen und Gegner mit Terrormaßnahmen.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden reichsweit Pogrome durchgeführt – auch in Dortmund. Unterschiedliche Orte jüdischen Lebens wurden in Dortmund angegriffen. In Husen begannen die Ausschreitungen schon in der Nacht auf den 9. November. SA- oder SS-Männer, die selbst nicht aus Husen stammten, stürmten gegen 3 Uhr nachts das Geschäft von Bertha Wolf. Sie zertrümmerten die Schaufensterscheibe und warfen Teile des Inventars auf die Husener Straße vor dem Haus. Bertha selbst war in diesen Tagen wohl nicht im Hause. Obwohl der Laden bereits verwüstet worden war, folgte ein zweiter Angriff. Husener:innen plünderten das Geschäft.

1939 wurde es den jüdischen Bürger:innen endgültig verboten, Unternehmen und Geschäfte zu führen. Auch Bertha Wolf war gezwungen, ihr Geschäft und ihr Wohnhaus zum 1. Mai 1939 zu verkaufen. Einige Monate später wurde sie zwangsweise in die Dortmunder Innenstadt „umgesiedelt“, in ein so genanntes „Judenhaus“, wo Jüdinnen und Juden auf engstem Raum zusammengepfercht und überwacht wurden.

Im Januar 1942 wurde im Rahmen der berüchtigten „Wannseekonferenz“ die Organisation des millionenfachen Mordes bürokratisch und systematisch geplant. Aus Dortmund sind mehrere große Deportationen in KZs bekannt. Der Transportzug nach Zamość, in dem auch Bertha Wolf war, verließ den Dortmunder Südbahnhof am 27. April 1942. Nach einer „Selektion“ deutscher Besatzer:innen wurden 3.500 Menschen, vor allem Alte, Kranke und Mütter mit kleinen Kindern – also diejenigen, die als „unproduktiv“ galten- , aufgeteilt auf drei Transportzüge, in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort direkt nach der Ankunft durch Kohlenmonoxid vergast. Höchstwahrscheinlich war auch Bertha Wolf in einem dieser Transporte. Keiner der am 27. April aus Dortmund Deportierten überlebte das Jahr 1942. 

Der obige Text basiert auf einem längeren Artikel von Philipp Urban, der Ende des Jahres erscheint. 
Wir danken für die Möglichkeit des Vorabdrucks. Ausführliche Quellenangaben beim Verfasser. 

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